HomeGuild Wars 2Die MMORPG Community: Fluch oder Segen?

Die MMORPG Community: Fluch oder Segen?

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Diese Frage stell ich mir persönlich in letzter Zeit immer häufiger. Ich bin ein leidenschaftlicher MMORPG Spieler, was viele von euch sicherlich auch schon an meiner Anzahl an gespielten MMOs erkannt haben. Meist spiele ich zwei oder drei Spiele gleichzeitig und dabei sehr aktiv. Gerne gebe ich mein Geld für Abonnements aus oder kaufe etwas im Shop eines Spieles. Wenn mir das Spiel gefällt, bekommt es meine komplette Unterstützung und mein Vertrauen über einen langen Zeitraum.

Vor allem bekommen von mir neue MMORPGs auch Zeit. Ich gebe den Entwicklern gerne die Zeit ein Spiel nach der Veröffentlichung weiter zu verbessern. Wenn mich ein Setting anspricht, dann haben sie mich damit schon zu 50% als treuen Kunden gewonnen. Wenn dazu noch ein paar interessante Dinge wie ein gutes Kampfsystem, eine Feature-Vielfalt oder ähnliches kommen, dann bin ich schon sehr sicher ein treuer Kunde.

Aber genau mit dieser Einstellung scheine ich relativ alleine dazustehen. Zumindest ist dies meine Beobachtung der letzten Jahre und vor allem auch bei so mancher Veröffentlichung eines MMORPGs. Nehmen wir mein jüngstes Beispiel. Ich spiele WildStar seit Release und habe daran mein Gefallen gefunden. Es bietet eine schier endlose Zahl an Features, ein tolles Kampfsystem und viel Liebe zum Detail. Dazu einen Entwickler, der sichtlich bemüht ist auf die Spieler zu hören und ihr Feedback umzusetzen.

Warteschlangen -> neue Server -> leere Server -> Shitstorm

MMORPG
Besser denn je: RIFT

Nun kommt aber das Verrückte, was sich auf jeden anderen MMO-Start übertragen lässt. WildStar startete gut, viele Spieler wollten es ausprobieren und haben es sich nach dem Anspielen in der Beta gekauft. Es gab vier deutsche Server zum Start (2x PvE, 1x PvP und 1x RP-PvE), da man bei Carbine die Spieler nicht zu sehr verteilen wollte. Nun kam es dazu, dass sich so viele Spieler versuchten einzuloggen, dass die Kapazität des einen PvP Servers schnell erreicht war und es zu Warteschlangen kam.

Damit war schon einmal die erste Shitstorm-Welle im offiziellen Forum losgetreten. Beim Headstart schon Warteschlangen zu haben, ist doch einfach kein Zustand. Schließlich bezahlt man ja viel Geld. Carbine eröffnete daraufhin vier Tage später einen weiteren PvP Server. Sie haben sich lange Zeit gelassen, da man die Philosophie verfolgte nicht zu viele Server aufzumachen, da man bereits weiß, dass einige Spieler nur wenige Tage später wieder weg sind.

Kurzum: Der neue PvP Server behob das Problem der Warteschlangen, aber nur eine Woche später begannen die ersten Stimmen von dem neuen Server sich zu beschweren, dass nichts los sei auf ihrem Server.

An dieser Stelle frage ich mich bereits was die Community eigentlich will? Es war doch klar, dass die Warteschlangen nur einige wenige Tage anhalten werden und danach es diese nicht mehr geben wird. Dies ist bei jedem MMO-Start der Fall. Natürlich kann man Carbine kritisieren und sagen, dass sie schon vorher einfach mit Megaservern hätten planen sollen oder die Kapazitäten des einzelnen Servers vorher größer gestalten hätten müssen.

Aber ich muss mich einfach immer wieder wundern wohin die Community möchte. Bei jedem Start verlangen sie immer mehr neue Server, damit es keine Warteschlangen gibt, nur um eine Woche später sich dann ins Forum zu begeben und sich dann zu beschweren, dass die Server leer sind. Diese Beobachtung hab ich nicht nur bei WildStar gemacht, sondern auch bei SWTOR, RIFT und Guild Wars 2. ESO konnte dem Ganzen dank Megaserver-Technik entgehen, aber ArcheAge Online scheint aktuell genau auf dieses Problem aufzulaufen.

Geduld und Demut gehören der Vergangenheit an

Es gibt noch weitere Dinge, die mich immer wieder stutzen lassen bzw. sogar dazu führen, dass ich mich sehr aufrege. Bei allen Starts eines MMORPGs in den letzten Jahren war die einhellige Meinung der Presse und der Spieler “Entweder das Ding fruchtet innerhalb von 48 Stunden oder es ist tot“. WildStar wird bereits als tot und als Flopp dargestellt, dabei ist es gerade einmal drei Monate auf dem Markt. Das gleiche wird über Elder Scrolls Online gesagt, welches auch erst sechs Monate auf dem Markt ist.

MMORPG
SWTOR steht vor seiner vierten Erweiterung und hat gerade erst das Housing erhalten.

Beide Spiele haben in dieser Zeit bereits Content-Patches veröffentlicht. Bei WildStar sind es zwei und ESO hat bereits vier Updates veröffentlicht. Dabei handelt es sich wirklich um große Content-Updates (neue Zonen, Dungeons, Schlachtfelder, Färben usw.). Dazwischen gab es noch allerhand kleinere Patches. Man sieht, dass beide Entwickler Gas geben und versuchen vorhandene Fehler zu beheben und Neuerungen einzubauen.

Nun kommt wieder der Moment, bei dem ich nicht mehr ganz mitkomme. Wenn Entwickler dermaßen schnell bereits patchen und man sieht, wie sehr sie am Spiel arbeiten, warum bin ich dann nach dem ersten Monat schon wieder weg? Die 13€ Abo-Gebühr zählen für mich nicht als Argument. Für die 13€ bekommt man bei keinem anderen Hobby so viel geboten. Jeder Kinobesuch kostet schon mehr und bietet im Endeffekt eine viel kürzere Unterhaltung.

MMORPG
Guild Wars 2 ist noch immer wunderschön
und bietet viel Neues

Warum werden also die MMOs so schnell fallen gelassen? Ich kann verstehen, wenn jemand nach dem Spielen sagt, dass das Setting einfach nicht sein Ding ist oder im Falle von WildStar und ESO das Kampfsystem jeweils nicht zusagt. Das sind nachvollziehbare Argumente und beides sind Dinge, die ein weiterspielen wirklich schwer machen. Aber ich lese sehr häufig, dass man aufhört, weil es im Endgame nichts gibt oder man keine Gruppen findet (drei Tage nach Release…).

Ein gewisses Endgame gibt es immer und den Rest bekommt meist sehr schnell nach nur einigen Wochen bis hin zu wenigen Monaten nachgeliefert. Wenn das Spiel an sich gefällt, dann beschäftige ich mich eben so lange mit anderen Dingen und gebe dem Spiel seine Zeit. Wobei heute nicht einmal mehr ein vorhandenes Endgame ausreicht.

Oft gehört auch die Unspielbarkeit und die unzähligen Bugs zu den Gründen von Spielern, warum diese aufhören. Mir sind auch Fehler beim Leveln der MMORPGs aufgefallen, aber bis auf in ESO ist es mir noch nie passiert, dass ich an einen Punkt kam, bei dem ein Fehler mein weiteres Leveln verhindert hat.

Das mal eine Quest nicht geht, passiert und ist für mich kein Grund zornig ins offizielle Forum zu wandern. Gut ist es nicht, aber es ist sicherlich kein Drama und schon gar kein Grund mit dem Spiel aufzuhören.

Das solche Fehler mit Patches in den Wochen nach Release ausgebessert werden, scheint die meisten Spieler auf jeden Fall nicht halten zu können. Sie haben ja keine Zeit einem Spiel für das sie 50-100 Euro gezahlt haben mehr Zeit zu geben. Schließlich wartet bereits das nächste MMO, das auseinandergenommen werden will.

Nach der Geduld kommen wir nun zur Demut. Mit Demut ist hier vor allem der Respekt vor den Entwicklern gemeint. Dies ist vermutlich ein generelles Problem der Gaming-Community, aber diese Hasstiraden, Beleidigungen, Capslock-Beiträge und all diese Dinge nerven einfach nur noch. Für den geneigten Spieler und Leser sind sie eine Katastrophe und für die Entwickler kann so etwas einfach nicht motivierend sein.

Wenn die eigene Arbeit (meist 5 bis 7 Jahre) dermaßen mit den Füßen getreten wird, dann bist du am Ende. Die Entwickler und auch das Community-Team machen gerade um den Releasezeitraum und danach extrem viele Überstunden, arbeiten viele Wochen komplett durch und gehen an ihre Grenzen (geistig und körperlich). Interessiert aber anscheinend den Spieler nicht so sehr, dass er seinen Unmut in einer vernünftigen Art und Weise artikulieren kann.

Der Support ist immer unter aller Kanone

Interessanterweise wird sich bei jedem Spiel tierisch über den Support aufgeregt. Dieser beantwortet niemals auch nur ein einziges Ticket und ignoriert einen ständig. Zudem schreiben die Spieler ja immer auch die Bugs ins Forum, also warum sind diese dann nicht mit dem nächsten Patch behoben?

Wenn ich solche Dinge in den offiziellen Foren lese, dann frage ich mich immer, wie diese Spieler ihr Leben meistern. Ich hatte in über 10 Jahren noch nicht einmal ein Problem mit dem Support. Ich schreib ihn an und meist bekomme ich innerhalb weniger Stunden und spätestens einen Tag später meine Antwort und fast immer eine Lösung für mein Problem. Völlig egal welches MMORPG der letzten Jahre. Es war bei allen gleich gut.

Bin ich nun nur ein Spieler mit viel Glück? Wohl eher nicht. Aber vermutlich gehöre ich zu den wenigen Spielern, die den Support freundlich mit “Hallo liebes Support-Team” oder ähnlichem begrüße, danach sachlich und gut formuliert mein Problem darlege und anschließend das Ticket mit einem “Ich danke euch schon einmal für eure Arbeit und wünsche noch einen schönen Tag. Mit freundenlichen Grüßen…” beende. Der Ton macht gerade beim Support extrem die Musik.

Keiner von denen hat Lust angemeckert oder wüst beschimpft zu werden. Solche Tickets landen natürlich ganz unten auf der Prio-Liste. Eventuell werden sie auch gelöscht – ich könnte es verstehen.

World of Warcraft oder das heilige Blizzard

All meine bisher aufgezählten Punkte treffen auf jedes MMORPG und jeden Entwickler zu. Es gibt nur eine Ausnahme und das ist World of Warcraft. Blizzard scheint eine Art Freifahrtsschein bei ihren Fans (oder soll man sie schon Jünger nennen?) zu haben. Natürlich gehen auch beim Branchen-Primus die Abozahlen zurück, dennoch kommt niemand auch nur Ansatzweise an sie heran.

MMORPG
Nichts geht über Warlords of Draenor und Blizzard.

Ich kenn auch niemanden außer Blizzard, der eine Erweiterung bereits 10 Monate vor Release verkaufen kann ohne das ein Releasedatum zum Kaufzeitpunkt bekannt ist oder klar ist, was schlussendlich an Inhalten vorhanden sein wird. Blizzard kann es. Sie können es sogar so gut, dass sie Millionen Exemplare verkaufen. Warlords of Draenor wird eine solide und gute Erweiterung und stellt vielleicht wirklich ein paar Weichen für die WoW-Zukunft.

Aber wieso ist hier die Community so anders, als bei neuen MMORPGs? Viele Spieler, die bei anderen MMOs etwas kritisieren, sind WoW Spieler, die nach etwas Neuem suchen, aber nur wenige Wochen später wieder zurück zu WoW gehen. World of Warcraft bietet seit einigen Jahren nicht den Umfang anderer Spiele und dennoch lieben die Spieler es. Nach einem Jahr ohne einen einzigen Patch kündigt Blizzard an, dass WoD erst im November 2014 erscheint (damit 14 Monate ohne Patch) und die Spieler schreiben nur “Juhu! Freu mich drauf!” oder “Fantastisch! Nur noch zwei Monate dann gehts los”.

Spätestens an diesem Punkt war ich sprachlos. Ich kann verstehen, wenn man ein MMO sehr mag und sehr treu ist. Genau das kritisiere ich ja auch an der Community. Aber was ist das für eine Schere? Bioware bringt alle drei Wochen einen kleinen und alle 9 Wochen einen großen Patch. ZeniMax bringt alle sechs bis sieben Wochen einen großen Patch und dazwischen kleine. RIFT, WildStar, STO usw. Sie alle bringen in sehr kurzen Abständen neue Inhalte ins Spiel.

Blizzard schaffte es zum dritten Mal in Folge die Spieler ein Jahr mit dem gleichen Content stehen zu lassen. Kritik? Ein wenig, aber dennoch wird weitergespielt. Man habe noch so viele Dinge als WoW-Spieler zu tun, dass man auch die restliche Zeit warten kann. Man kann schließlich Twinken, Erfolge machen, Equip sammeln usw.

Alles bekanntermaßen Dinge, die natürlich kein anderes MMORPG bietet und schon gar nicht zum Start, nicht wahr?

Schade! Eine zweite Chance bekommt eigentlich keiner

MMORPG
Star Trek Online macht
jedes Trekkie-Herz glücklich.

Leider gibt es für MMORPGs keine zweite Chance. Zumindest bei sehr vielen Spielern nicht. Dabei lohnt sich das sehr häufig. Die Spiele sind nicht tot, auch wenn das der allgemeine Glaube sein mag. SWTOR ist so lebendig, wie niemals zuvor. Erweiterungen, Patches, etliche Features und viele Spieler gehören nun zu deren Standard. Das gleiche trifft auch auf RIFT und Guild Wars 2 zu. ESO ist bei weitem nicht so tot, wie die Spieler es gerne machen und auch WildStar steht erst am Anfang.

SWTOR, RIFT, Guild Wars 2 und STO (Star Trek Online) sind alles Spiele, bei denen es sich absolut lohnt wieder hereinzuschauen. Die Spieler müssen es einfach nur wollen und genau daran scheitert es wohl. SWTOR spielt man nicht mehr, denn es war ein Flopp und überhaupt eine Abzocke von EA (Electronic Arts). Was natürlich völliger blödsinn ist. Aber diese Meinung lässt sich nicht mehr ändern.

Die Erkenntnis?

Was ist also am Ende die Erkenntnis aus all diesen Dingen? Ich würde es mir sehr wünschen, dass die Spieler den Entwicklern und ihren MMORPGs einfach entweder zum Start mehr Zeit geben und diese länger unterstützen oder aber auch gerade mal wieder in alte Spiele reinschauen. Vor allem aber wünsche ich mir, dass man auch mal bei Blizzard die gleichen Kriterien anlegt.

Würde Bioware, Trion, Carbine, ZeniMax oder sonst wer seine Spieler ein Jahr lang ohne Patch dastehen lassen, dann hätten all diese Spiele keinen einzigen Spieler mehr. Sie wären wirklich tot. Nur WoW hat dabei teils sogar steigende Abozahlen.

MMORPG
Neue MMORPGs wie ESO haben einfach mehr Vertrauen verdient!

Aber davon unabhänig soll es gar nicht darum gehen, dass man Blizzard schadet, sondern es muss darum gehen, dass man auch den anderen eben genau dieses Vertrauen schenkt. Gebt auch den anderen Entwicklern die Zeit, die sie brauchen. Sie sind kein bisschen schlechter als Blizzard. Gebt Spielen, die ihr mögt (gerade auch vom Setting her) einfach mal mehr Zeit.

Für mich gibt es keine MMORPG-Müdigkeit, wie es gerne als Vorwand vorgeschoben wird. Es ist für mich einfach eine Community, die sich selbst zerstört, indem sie es verlernt hat die Spiele einfach zu spielen. Wer taucht heute noch in eine Welt ein? Wer verliert sich im Spiel? Ich mach das nach wie vor unheimlich gerne. Wenn man in eine Welt eintaucht und darin für ein paar Stunden lebt, dann sollte das schon genug Belohnung sein, um dieses Spiel weiter zu unterstützen.

Vergesst doch einfach mal die Jagd nach neuen Items, PvP-Rängen oder Firstkills. All diese Dinge gehören dazu und machen Spaß, aber sie müssen nicht vom ersten Tag an gleich zu 100% funktionieren.

Vielleicht kehrt die Community eines Tages zu den Wurzeln zurück. Bis dahin ist sie für mich eindeutig für jeden Entwickler mehr Fluch, als Segen.

Oder ich bin am Ende, wie Amalindis mir einmal sagte, doch einfach nur ein Romantiker.

Euer Sankar